Veranstaltung: | 62. Landesversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen am 16./17. Mai 2025 in Neukieritzsch |
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Tagesordnungspunkt: | 13. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Linus Bauer, Katja Meier, Anna Cavazzini, Marie Müser, Jakob Lindenthal, Katharina Krefft |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 24.04.2025, 18:14 |
V3: Für ein starkes Europa in Sachsen – Europapolitik stärken statt kürzen
Antragstext
Wir brauchen Europa mehr denn je, das macht die aktuelle politische Lage
überdeutlich. Bündnis 90/Die Grünen sind Europapartei. Für uns sächsische
Bündnisgrüne ist das ganz besonders Teil unserer politischen DNA. Deshalb haben
wir in der vergangenen Legislaturperiode dafür gesorgt, dass die Chancen und
Vorteile der Europäischen Union bei den Menschen hier vor Ort in Sachsen
ankommen und erfahrbar sind.
So wurde mit dem Saxorail-Programm jungen Sächs*innen die Möglichkeit eröffnet,
ihren Kontinent und europäische Mitbürger*innen kennenzulernen. Damit Europa vor
Ort in Sachsen für die Menschen präsent und erlebbar ist, haben wir das Netzwerk
von Europa-Direkt-Büros flächendeckend ausgebaut. Regionalpartnerschaften, wie
mit der südfranzösischen Region Okzitanien, der südspanischen Region Andalusien
und Latio in Italien wurden gezielt gestärkt, um Sachsen dort zu verorten, wo es
hingehört: Im Herzen Europas.
Als Grenzregion und Tor zu unseren Nachbarn Polen und Tschechien kommt unserem
Bundesland eine besondere Aufgabe der europäischen Verständigung zu. Ob Bildung,
Mobilität oder Wirtschaft, ob Kultur oderGesundheit – in all diesen Bereichen
haben wir in den letzten Jahren mit bündnisgrüner Regierungsbeteiligung mehr
Möglichkeiten geschaffen. Kooperationen sind gewachsen und haben auch neue
Formen angenommen – im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden
Katastrophenschutz in der böhmischen und sächsischen Schweiz, oder bei der Frage
des Rechtsstaats in Polen.
Insbesondere in Zeiten zunehmender rechtsextremer Fremdenfeindlichkeit und in
Zeiten, in denen sich die Zustimmungswerte zur demokratischen Grundordnung auf
einem besorgniserregenden Tiefstand befinden, braucht es mehr statt weniger
Europa. Die aktuell höchsten Zustimmungswerte zur EU europaweit zeigen, dass
viele Europäer*innen das verstanden haben. Es braucht mehr denn je Programme,
die authentische Erfahrungen mit dem europäischen Projekt ermöglichen -
Begegnung mit anderen Kulturen, das Überwinden sprachlicher Barrieren – all das
sind Erfahrungen, die nachhaltig wirken.
Mit Erschrecken nehmen wir vor diesem Hintergrund die europapolitischen Pläne
der CDU-SPD-Minderheitsregierung in Sachsen wahr. Insgesamt sollen die Mittel
für europapolitische Zusammenarbeit von 2,17 Mio. Euro nahezu halbiert werden
auf 1,16 Mio. Euro. In Zeiten von erstarkendem europafeindlichem Populismus ist
das fatal kurzsichtig. Der europapolitische Kahlschlag der CDU-SPD-
Minderheitsregierung stellt eine Gefahr für den europäischen Zusammenhalt in
Sachsen dar und ist Wasser auf den Mühlen aller Europafeinde und
Nationalist*innen.
Wir fordern außerdem eine Vertiefung der Beziehungen Sachsens zu unseren
Nachbarn Polen und Tschechien.Zentrale Bedeutung kommt dabei dem weiteren Ausbau
bewährter Formate wie dem sächsisch-tschechischen Regionalforum zu, das als
Plattform für den kontinuierlichen Austausch u.a. über grenzüberschreitende
Mobilität, Arbeitsmarktintegration und nachhaltige Regionalentwicklung dient.
Auch Schüler*innenaustausche, gemeinsame Freiwilligendienste, europäische
Bildungsangebote für alle Altersgruppen sowie der Nachbarsprachenunterricht an
sächsischen Kitas und Schulen müssen gezielt gestärkt, erweitert und dauerhaft
finanziell gesichert werden.
Die Notwendigkeit, den sächsischen Haushalt zu konsolidieren, ist
nachvollziehbar. Hierfür jedoch die europapolitische Arbeit und das Engagement
der europäischen Zivilgesellschaft in Sachsen zu opfern, ist für den
europäischen Gedanken in Sachsen gefährlich. Die Visionslosigkeit,
Kleingeistigkeitund Provinzialität der amtierenden Regierung wird Sachsen
wirtschaftlich, politisch und kulturell auf die Füße fallen.
Geradezu zynisch erscheint es, dass allein die Mittel für Repräsentationszwecke
- allen voran der sächsische Weihnachtsmarkt in der Brüsseler Landesvertretung -
im Haushaltsentwurf der schwarz-roten Minderheitsregierung einen Aufwuchs
erfahren haben. Darin zeigen sich eindrücklich die europapolitischen Prioritäten
der neuen Staatsregierung: Weihnachtsmarkt statt Stärkung jener, die sich in
Sachsen für Europa einsetzen.
Wir fordern vor diesem Hintergrund ein europapolitisches Umlenken der
Landesregierung und eine ambitionierte Arbeit am europäischen Gedanken in
Sachsen. Die europäische Zivilgesellschaft in unserem Bundesland braucht
gezielte Stärkung und Verlässlichkeit. Dafür kämpfen wir als europäische
Oppositionspartei. Sachsen braucht ein lebendiges Europa.
Begründung
Der jüngste Haushaltsentwurf zeigt eine besorgniserregende, europapolitische Ambitionslosigkeit der neuen Landesregierung. Hier wird klar: Es waren wir Bündnisgrüne, die in den letzten Jahren den europäischen Gedanken in der sächsischen Landesregierung hochgehalten haben. Dieser gerät nun unter die Räder. Und das in Zeiten, in denen die Wichtigkeit europäischen Zusammenhalts offensichtlicher werden denn je.
Die Haushaltsmittel für europäische Direktbüros will Schwarz-Rot von 175.000 Euro auf 72.000 Euro kürzen, mehrere Büros werden deshalb wohl schließen müssen. Die Mittel zur "Förderung des Europagedankens" sollen von 120.000 Euro auf 62.000 Euro gekürzt werden. Die Regionalkooperationen mit Andalusien, Tschechien und Okzitanien in Südfrankreich kommen damit zum Erliegen. Besonders drastisch fallen die Kürzungen bei den Mitteln zur Förderung der "Europäischen Zivilgesellschaft in Sachsen" aus. Hier soll von 490.000 Euro auf 178.000 Euro gekürzt werden. Ein europapolitischer Kahlschlag in solchen Zeiten? Das ist politisch hochgradig kurzsichtig.
Die einzige Mittelerhöhung im europapolitischen Haushalt Sachsens findet für den alljährlichen Weihnachtsmarkt in der sächsischen Landesvertretung in Brüssel statt. Repräsentanz hat offensichtlich höhere Priorität als die Stärkung der europäischen Zivilgesellschaft in Sachsen. Wir kritisieren das und fordern mit diesem Antrag ein Umlenken der sächsischen Landesregierung.
Durch Maßnahmen wie die Vertiefung der Beziehungen Sachsens zu unseren Nachbarn Polen und Tschechien, die Intensivierung von Schüler*innenaustauschen, die Fortführung des Saxorail-Tickets für junge Sächs*innen, die Förderung grenzüberschreitender Freiwilligentätigkeiten, den Ausbau europäischer Bildungsangebote für alle Generationen und das Erlernen von Nachbarsprachen an sächsischen Schulen wollen wir eine Stärkung des europäischen Gedankes in Sachsen unterstützen.
Änderungsanträge
- Ä1 (Antonia Groß (KV Leipzig), Eingereicht)
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