Veranstaltung: | 62. Landesversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen am 16./17. Mai 2025 in Neukieritzsch |
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Tagesordnungspunkt: | 13. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | LAG Ökologie & Landwirtschaft (dort beschlossen am: 07.04.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 25.04.2025, 10:55 |
V2: Für die Bewahrung unserer ökologischen Lebensgrundlagen – das Osterzgebirge vor erneuter Umweltzerstörung schützen!
Antragstext
Im deutsch-tschechischen Grenzgebiet lagert bei Cínovec (tschechische Seite) und
Zinnwald (deutsche Seite) ein Lithiumvorkommen, das nach den Angaben von
Bergwerksunternehmen zu den größten Lagerstätten Europas zählen soll. Lithium
gilt derzeit noch als Schlüsselelement für die Energiewende. Europas Industrie
ist auf den Import dieses Rohstoffs angewiesen. Die europäische Union und die
Bundesregierung wollen die heimische Gewinnung fördern.
Die sächsische Minderheitskoalition aus CDU und SPD hat in ihrem
Koalitionsvertrag angekündigt, künftige Bergbauvorhaben in Sachsen noch
schneller und einfacher zu bewilligen und bereitet die bergrechtliche
Genehmigung eines Lithium-Bergwerks in Zinnwald vor, während parallel dazu und
unabhängig davon auf der anderen Seite der Grenze das Unternehmen Geomet s.r.o.
Bergbauplanungen in noch größerer Dimension am selben Erzkörper vornimmt.
Sachsens historischer Wohlstand gründet sich auch auf den Bergbau. Die Sicherung
unserer Rohstoffunabhängigkeit durch heimischen Abbau ist zweifellos von großer
Bedeutung. Allerdings stellen sich bei diesem Vorhaben jenseits ökologischer
Belange auch hinsichtlich der wirtschaftlichen, fachlichen und ethischen
Grundlage gravierende Fragen, denn der vorgefundene Gesteinskörper gilt mit
einem Lithiumgehalt von 0,2 bis 0,25 % als erzarm.
Mit „Zinnwald Lithium“ wird eine international operierende Unternehmensgruppe in
Sachsen tätig. Es steht zu befürchten, dass die Gewinne der Ausbeutung abfließen
und nicht der Region zugutekommen werden. Ebenso wenig kann sichergestellt
werden, dass das geförderte Lithium in Europa verarbeitet wird.
Große Teile der umliegenden Region stehen unter Naturschutz und verfügen über
eine unvergleichliche Tier- und Pflanzenwelt. Die Orchideenwiesen im Bielatal
und Zugvögelschwärme auf der Liebenauer Höhe mit Arten, die nur noch hier
dokumentiert werden, lassen immer wieder staunen. Sonnentau, Knabenkraut,
Siebenstern und Sumpfveilchen sowie verschiedene Gräser sind hier noch oder
wieder zu finden. Auf dem Erzgebirgskamm bei Zinnwald und Cínovec befindet sich
ein Hochmoorkomplex von europaweiter Bedeutung.
Nach 1989 dauerte es viele Jahre, bis sich die Gegend von den Umweltfreveln des
SED-Regimes erholt hatte. Es bedurfte enormer Anstrengungen, die Bergwiesen zu
renaturieren und das ökologische Gleichgewicht zu stabilisieren. Der Bau der
Autobahn A17 Richtung Prag Ende der 1990er Jahre warf die Gegend erneut zurück,
weil wichtiger Lebensraum vieler Arten durch die neue Verkehrsader zerschnitten
wurde. Auch das Jahrhunderthochwasser 2002 hinterließ in den Tälern der Müglitz
und der Weißeritz seine Spuren.
Nun soll das Osterzgebirge abermals für Bergbauunternehmungen devastiert werden.
Erneuter Bergbau darf hier nur unter höchstmöglichen ökologischen Standards und
der unbedingten Einhaltung von Höchstbelastungsgrenzen der Region geplant und
umgesetzt werden. Insbesondere darf nur so viel Wasser der Landschaft entnommen
werden, wie ohne Beeinträchtigungen der zunehmend dürregeplagten Natur und der
von den begrenzten Trinkwasserressourcen abhängigen Bevölkerung möglich ist.
Dies erfordert eine strikte Höchstgrenze für den Umfang des Bergbaus, was
bergrechtlich jedoch nicht vorgesehen ist.
Spätestens ab 2030 sollen in Zinnwald jährlich bis zu 3 Millionen Tonnen Gestein
auf deutscher Seite gefördert werden. 30 bis 40 Prozent der Sande, die nach der
Abscheidung des Lithiums übrigbleiben, würden auf eine Spülkippe (Abfalllager
für Aufbereitungsrückstände, welche unter Wasserzusatz fließfähig gemacht werden
und durch Rohrleitungen vom Anfallort auf den Endlagerort gepumpt werden) bei
Bärenstein (zu Altenberg) oder auf einer Halde (Endlager für bergbauliche
Massen, welche nicht wirtschaftlich nutzbar sind) bei Liebenau im Quellgebiet
von Seidewitz und Trebnitz (derzeitige Vorzugsvariante) abgelagert werden. Hinzu
kommen jährlich bis zu 3,2 Millionen Tonnen Gestein auf tschechischer Seite, die
das Unternehmen Geomet s.r.o. heben soll. Der geplante Lithiumabbau stellt somit
selbst Fördermengen ehemaliger Bergbaubetriebe wie „Zinnerz Altenberg“ oder
„Wismut“ in den Schatten.
Die Region Altenberg – Geising – Zinnwald hat sich im Zuge des Klimawandels von
der noch bestehenden Wintersporttradition hin zu einem beliebten Sommerziel
entwickelt, das zudem per ÖPNV leicht erreichbar ist und künftig als
Sommerfrische prosperieren wird. Einige Gemeinden sind als sächsische Kur- und
Erholungsorte anerkannt. Der geplante Lithiumabbau würde das touristische Aus
für die Gegend bedeuten, die auch als Naherholungsgebiet für den Großraum
Dresden fungiert.
Der Freistaat Sachsen muss bei diesem Bergbauvorhaben seine übergeordnete
Kontrollfunktion im Natur- und Umweltschutz in besonderer Weise wahrnehmen und
gleichwohl die gesellschaftlich relevanten Aufgaben der Ressourcensicherung
sowie der Rohstoffverfügbarkeit für den europäischen Markt absichern. Die
Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur vor Ort muss gewährleistet sein.
Wir unterstützen die Erforschung, Anwendung und Etablierung eines deutschen
Bergbaus-Standards und setzen uns für minimalinvasive, ökologieschützende
Technologien ein. Dazu gehören auch Ausschlusskriterien, unter welchen
Bedingungen Bergbau nicht genehmigungsfähig ist. Darüber hinaus ist die
Kaskadennutzung vorhandener Halden in Betracht zu ziehen.
Seitens der Bergbauunternehmen muss es klare und verlässliche Aussagen zu den
Themen Flächen-, Energie- und Wasserbedarf, den zu erwartenden ökologischen
Beeinträchtigungen sowie den Umgang mit den Bergbaufolgeschäden geben. Wir
erwarten verbindliche Aussagen, welche Vorteile für die von der Unternehmung
betroffenen Anwohnenden in Aussicht gestellt werden.
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